St. Canisius
Die dreieckförmige Westfassade lässt die basilikale Anlage der Kirche von außen nicht erahnen (vgl. Pseudobasilika) und erweckt den Eindruck einer behäbigen Dorfkirche mit (vorgetäuschtem) Kirchanger, die sich mit ihrem Zwiebelturm gut an die alte Dorfkirche St. Peter anpasst. Der Anblick vom Canisiusplatz aus wird von dem zweistöckigen Vorzeichen beherrscht. Die Vor- und Anbauten des westlichen Querhauses sowie der beiden Vorzeichen, der Sakristei und der stufenförmigen Pilaster am Turm nehmen dem Bau die Schwere und führen den Blick des Betrachters behutsam nach oben.
Beim Betreten der Kirche durch das Hauptportal im Westen überraschen die großzügigen Ausmaße des Raumes (innere Länge 43,5 m, lichte Gesamtbreite 24 m; Dachfirsthöhe 24 m). Die Turmhöhe beträgt 42 m.
Der Quergangbereich unter der Empore birgt die originellen Einbauten der Tauf- und Weihwasserkapelle und nimmt damit Bezug auf die frühchristliche Taufpraxis im abgedunkelten Vorbereich der Kirche. Der Taufstein mit Messinggruppe des Johannes d. T. von A. Wörle wurde im November 2010 in den neu geschaffenen Taufort im nördlichen, linken Seitenschiff versetzt, ebenso der Wandschrank für die hl. Öle mit Flammenkreuzmotiv sowie ein Votivbild mit Darstellung der Rettung des hl. Canisius aus den Fluten der Loisach durch einen Loisachtaler Bauern im Jahre 1567, von O. Klebert, 1926.
Die Bronze-Brustplastik des hl. Petrus Canisius, original unter dem Kanzelkreuz, lässt die frühere Taufkapelle zur Canisiuskapelle werden.
Gegenüber der ehem. Taufkapelle die Weihwasserkapelle; schöner Weihwasserkessel mit Marien-Statuette.
Im Weitergehen nimmt der Betrachter den hohen, hellen Innenraum des tonnengewölbten Hauptschiffes sowie die flach gedeckten, durch Rundjoche (deren Laibungskartuschen marmoriert gehören) abgetrennten Seitenschiffe wahr.
Der Blick auf den Chorbogen wird durch die das Presbyterium flankierenden beiden “Hauptgebote” der Gottes- und Nächstenliebe sowie die Nebenaltäre bestimmt. Die Seitenwände des Hauptschiffs sind durch Pilaster mit kapitellartigen Blumenkartuschen mit den Zehn Geboten gegliedert. Sämtliche Stuckornamente an Gewölbe, Wänden und Emporen waren ursprünglich farbig, was dem Raum den Charakter eines Festsaales verlieh und außerdem die verbindende Thematik des Flammenkreuzes der Liebe, welches übrigens auch die CARITAS als Symbol führt, deutlich werden ließ. Die Renovierung in den 1970er Jahren erkannte diese Zusammenhänge nicht. Eine 2010 angelegte Musterachse am linken hinteren Pfeiler legte die ursprüngliche Farbigkeit frei.
Durch den Chorbogen (mit dem Wappen der Familie Kanijs) hindurch fällt der Blick auf den Hochaltar, der als Opfertisch frei steht und durch seitliche Durchgangsbögen mit den Chorwänden verbunden ist (die Vorhänge der Durchgangsbögen ebenso wie die Altarwäsche der drei Altäre ist erst wieder seit 2005 vorhanden). Über dem Hochaltar das tüchtige Monumentalbild (signiert: W. Kolmsperger 1928) des hl. Petrus Canisius in Lehrpose, in der Hand seinen Katechismus “Canisi”, umringt von der aufmerksam lauschenden Jugend und hoch aus den Wolken vom Erlöser gesegnet (gleichzeitig Herz-Jesu-Bild!).
Über der Altarmensa flankieren den Tabernakel gegossene Flachreliefs mit Illustrationen der alttestamentlichen Opfer (linke Seite: Abel, Abraham, Melchisedek) und ihrer Erfüllung durch das Erlösungswerk Christi (Kreuzestod, Auferstehung und Himmelfahrt; rechts). Das Zentrum bildet die Tabernakeltür mit dem Relief der eucharistischen Gestalten von Brot und Wein: “Panis sanctus vitae aeternae” – “Calix salutis perpetuae”.
Später zugemauert, im Dezember 2010 wieder geöffnet, ein das österliche Auferstehungslicht symbolisierndes Rundfenster über dem Altargemälde (geplante Fertigstellung Ostern 2011). Skizzen aus späteren Zeiten zeugen von dem (nicht ausgeführten) Versuch, die etwas unbeholfen wirkende Komposition aus Altaraufbau und -gemälde zu vervollkommnen.
Das Gesamtprogramm der Figuren der Pfarrkirche stellt dem “Zweiten Apostel Deutschlands” Petrus Canisius den hl. Bonifatius (“Erster Apostel Deutschlands”), den Erzengel Michael (“Beschützer Deutschlands”), den hl. Korbinian (Patron des Bistums Freising) sowie die hl. Maria, die Schutzfrau Bayerns, gegenüber: Das Altargemälde des hl. Canisius am Hochaltar flankieren über den seitlichen Durchgangsbögen rechts die überlebensgroße Figur des hl. Korbinian mit Bär und dem Modell des Freisinger Doms (von Elmar Dietz) und links in straffer, jugendlicher Pose der hl. Bonifatius mit der Axt (von Elmars Bruder Lothar Dietz; die Familie Dietz zeitweise wohnhaft in Großhadern).
Das Thema der Patrone Deutschlands und Bayerns setzen die Seitenaltäre fort, welche deutlicher als der Hochaltar, der mit Ausnahme des Tabernakels in Neurokokoformen gehalten ist, im Jugendstil ausgeführt sind. Der linke ist dem Erzengel Michael (Schildinschrift “Protector Germaniae”) geweiht, da einerseits der hl. Petrus Canisius im Hochaltar der Collegiatskirche S. Michel in Fribourg in der Schweiz bestattet ist und außerdem der Erbauer der Kirche, Pfarrer Batzer, seinem Namenspatron die Ehre erweisen wollte. Der Altar wird überragt von der bewegten Figur des Heiligen (von Auer, nach dem Vorbild der Fassadenfigur der Michaelskirche in der Münchner Innenstadt), die ihrerseits ehemals von einem (erhaltenen) eklektizistischen Baldachin bekrönt wurde (die Originalsituation wird bei der geplanten Innenrenovierung wieder hergestellt werden). Analog zum Hochaltar flankieren Reliefs den kleinen Tabernakel (mit neuromanischer Kreuzigungsgruppe); hier mit vier der bedeutendsten Michaelskirchen in Bayern: Berg am Laim, Metten, München und Bamberg.
Der rechte Seitenaltar ist der Patrona Bavariae geweiht. Unter der Figur (deren das Werk nach oben abschließende und damit in den Proportionen harmonisch abrundende Krone sich heute [bis zur geplanten Innenrenovierung] in der Sakristei befindet) neben dem Tabernakel als Parallele zum Michaelsaltar die Reliefs bedeutender Marienwallfahrtskirchen in Bayern: Ettal, Altötting, Birkenstein und das nahe Maria Eich. An der Altarmensa wurde ein Opferkerzenständer angebracht.
Beide Seitenaltäre werden umkränzt von konkaven Stuckrahmen mit (sowohl auf die an den Seitenaltären befindlichen Blumenbuschen, als auch an die Gebotstafeln anspielender) floraler Ornamentik, die ursprünglich polychrom gehalten war und zusammen mit den erwähnten Bekrönungen eine dem Hochaltar entsprechende künstlerische Gesamtkomposition bewirkte, die bei der Renovierung von 1976 missachtet wurde. Am 21. Dezember 2006 konnte immerhin bereits die Strahlenglorie der Mutter-Gottes-Figur neu vergoldet angebracht werden.
Die Kanzel auf der Epistelseite mit dem kronenförmigen Schalldeckel (wie die Beichtstühle in Jugendstilformen) weist Inschriften aus den Predigten des hl. Canisius auf. Gegenüber das von Prof. Rank entworfene Kanzelkreuz mit dem vollplastischen Christus (aus Oberammergau) und den gemalten Brettfiguren der Gottesmutter und des hl. Johannes. Es gehörte bereits zur Erstausstattung der Kirche und wurde 1952 zum Missionskreuz “umgewidmet”. Darunter ursprünglich die Bronze-Brustplastik des hl. Canisius von Schweigart, die jetzt in der Taufkapelle steht. Links neben der Seitentür eine Gedenktafel aus Rotmarmor an Pfr. Michael Batzer, den Erbauer der Kirche.
Die Kreuzwegstationen in (heute farblosen) Stuckrahmen in den Seitenschiffen von Prof. Kaspar Schleibner (1863 – 1931) zeigen über dunkelgrünem Hintergrund jeweils Christus mit der für die entsprechende Station heraus ragenden Person. In der V. Station (Simon v. Cyrene) hat der Künstler sich selbst, in der VI. Station (Veronika) seine Gemahlin dargestellt.
Im südlichen Seitenschiff entstand 2006 eine kleine Werktagskapelle mit einem barocken Kruzifix, im nördlichen Seitenschiff der Taufort.
Unter den Emporen die männlich-markanten Figuren der vier Evangelistenvon Prof. Max Heilmaier (1869 – 1923) aus Isen, Modelle für die Figuren in Bechhofen bei Ansbach, die hochwertigsten Plastiken der St.-Canisius-Kirche.
Im Eingangsbereich laden die Gemälde des hl. Antonius, 1931, und das Bruder–Konrad-Bild (1933), beides von W. Kolmsperger jr., zur volksfrommen Andacht ein.
Die Orgeln von Josef Garhammer 1983 nach barocken Vorbildern – Hauptorgel (III/38) und Truhenorgel (I/5) – lösen die ursprüngliche Multiplex-Orgel von Seifert/Köln (9 Register mit 72 [!] Transmissionen) ab.
Sakristeischränke (1926) mit 14 originalen Reliefs (zwei davon erneuert) aus dem Renaissanceschloss Marchais.
Im Turm erklingt das Te-Deum-Motiv der drei originalen Glocken aus Stahl: Canisius (h°), Michael (d’), Anna (e’), zugleich eine bewusste Anspielung auf den Dorfnamen H-a-d-e-rn.
Maßgebend für die rasche etwa einjährige Bauzeit der Kirche u. a. der Stahl-Dachstuhl, ausgeführt von der Firma Kustermann.
Obwohl (oder gerade?) durch die für die Verständnislosigkeit ihrer Zeit typische Renovierung von 1976 in der Gesamtkomposition entstellt, und sogar wie viele Kunstwerke Jahrzehnte lang als “minderwertig” eingestuft, zählt die Canisiuskirche heute wieder zu den bedeutenden Schöpfungen der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.
Eine Innenrenovierung, selbstverständlich im Geiste des ursprünglichen künstlerischen Konzeptes, ist geplant.